Einmal Mäuschen sein
Ministerpräsidenten Konferenz
Ich versuche mir mal vorzustellen, wie so ein Treffen - virtuell, weil analog, das wäre ein schlechtes Vorbild - von Kanzlerin und MinisterpräsidentInnen aussehen mag.
Die Kanzlerin sitzt mit Sorgenfalten auf der Stirn und trotzdem gut gelaunt in ihrem Büro vor einer Wand von Monitoren. Schon ein paar Minuten vor Termin. Als Chefin zu spät kommen, das geht gar nicht.
Der Söder poppt als erstes auf. Damit nimmt er den zentralen Monitor vor Merkel ein. Gewusst wie, zwinkersmiley. Ein paar nette Worte - wie ist das Wetter in Berlin, wie in Nürnberg - etwas gegenseitige Wertschätzung und die Versicherung von Söder, nicht quer zu schießen. Er wisse ja, dass er dann nach der Pressekonferenz in Bayern noch eine Schippe drauf legen kann, ohne mit der Kanzlerin in Clinch zu geraten.
Nach und nach poppen auch die anderen LänderchefInnen auf.
"Hallo, hallo, könnt ihr mich hören?"
"Ja, aber sehen können wir dich nicht. Mach doch mal die Kamera an. Da links unten, den Knopf da drücken"
"Ja Schatzi. Mach ich Schatzi. Nachher, Schatzi. Ich habe jetzt einen wichtigen Termin, Schatzi."
"Auweh, haben sie das jetzt alles hören können. oO. 'Tschuldigung."
"Könnt ihr mir mal ein Zeichen geben? Könnt ihr mich jetzt auch sehen?"
"Ich sitz' noch im Auto. Ich bin nur mit dem Handy dabei. Ich lass' das Video aus, die Verbindung ist so schlecht."
...
Stoisch lässt die Kanzlerin das allwöchentliche Eintrudelgeplänkel über sich ergehen. Natürlich schießen ihr Gedanken durch den Kopf. "Das müsste der doch eigentlich wissen, wie die Kamera funktioniert.", "Das interessiert mich gar nicht, wie die Dings ihren Bums daheim nennt", "Und wo bleibt überhaupt der Armin?"
Wenn dann alle auf ihren Monitoren vor der Kanzlerin Platz genommen haben - der Söder immer noch in der Mitte - also fast alle, ein Monitor ist noch leer, setzt Merkel zur Begrüßung an. "Hallo erst mal. Ich weiß ja nicht, ob sie's wussten, aber das mit dem Corona ist jetzt echt blöd."
...da poppt der letzte Monitor auf. Der Armin streicht schnell seinen Scheitel glatt und hebt zu einer Entschuldigung an "Es tut mit leid...". "...das interessiert hier kein Schwein", denkt sich die Kanzlerin, sagt aber mit einem Pokerface "Da ist ja auch der Vorsitzende meiner Partei. Damit wären wir dann wohl vollzählig.".
"Also noch mal. Das mit Corona ist echt blöd. Und was auch blöd ist, alle Maßnahmen, die wir bisher beschlossen haben, die helfen nicht. Hat jemand eine Idee?"
"Lasst uns doch mal was beschließen, was wirklich hilft."
"Und was wäre das deiner Meinung nach?"
"Flughäfen dicht machen. Es ist erwiesen, dass sich das Virus und seine Mutanten über die Flugreiserouten auf der ganzen Welt verbreiten."
"Spinnst du? Wir haben gerade Milliarden in die Fluggesellschaften gepumpt. Da können wir denen doch das Fliegen nicht verbieten."
"Dann vielleicht die Großraumbüros dicht machen. Es ist erwiesen, dass die Ansteckungsgefahr dort ganz besonders groß ist."
"Was, du willst die Wirtschaft gängeln? Da werden dir die Lobbyisten aber was erzählen.", "...aber, aber...", "Wir haben doch schon die eindringliche Bitte geäußert. Die EINDRINGLICHE Bitte... und das schon ganz, ganz oft."
"Dann lasst uns flächendeckend testen. Verpflichtend. Kein negativer Test, kein Zutritt. Nicht in die Schule, nicht ins Büro. Am Besten auch nicht in den Bus oder die Bahn."
"Ach geh, hör' auf. Testen, wie willst du das denn organisieren? Und außerdem, wo sollen denn die ganzen Tests her kommen? Die hat doch Aldi schon alle aufgekauft. Da muss ein Test alle drei, vier Tage reichen. Und dann auch nur freiwillig."
"Wenn wir schon keine sinnvolle Maßnahmen ergreifen wollen, können wir dann die Maßnahmen aufheben, die nachweislich nichts bringen?"
"Wir können jetzt nicht unsinnige Maßnahmen zurück nehmen. Wir würden unsere Glaubwürdigkeit verlieren."
So geht das den ganzen Vormittag. Den Nachmittag auch. Und auch am frühen Abend wird die Diskussion nicht zielführender. Nicht am späten Abend. Und auch nicht nach Mitternacht.
So gegen zwei Uhr nachts macht einer eine flapsige Bemerkung:
"Lasst uns einfach ein, zwei Tage zu Feiertagen erklären. Also nicht richtig zu Feiertagen aber so ähnlich. Irgendwie die Läden zu - nicht alle, aber viele - und die Büros auch. Also wenn nicht Homeoffice, oder auch doch. Lebensmittelläden auf, es sei denn, sie hätten auch Schnittblumen im Angebot."
"Wie meinst jetzt des?"
"Weiß auch nicht, hört sich aber doch lustig an."
"Ha, du Gaudiwurm."
"Ach, schreib das doch einfach rein, dann haben wir was vorzuweisen und können endlich ins Bett."
"So ein Schmarrn."
"Hallo... dann können wir ins Bett."
"Ja, und schreibt noch was von systemrelevant und Feiertagszuschlägen rein. Und dass wir die gesetzliche Grundlage schon noch nachreichen werden. Irgendwie so."
Die Kanzlerin denkt sich noch "lass' sie spinnen, das streich' ich vor der Pressekonferenz noch schnell raus. Aber jetzt muss ich auch schnell in die Heia."
An nächsten Tag auf der Pressekonferenz:
Merkel hört sich sagen "...und dann wird es am Gründonnerstag und am Karsamstag weitere Einschränkungen geben..." und denkt erschreckt "...ach du Kacke, jetzt hab ich ganz vergessen, dass rauszustreichen. Wie bieg' ich das nur wieder hin..."
Söder sitzt daneben und zieht die Augenbraue vielsagend hoch "...gut, dass ich so einen Mist nicht sagen muss. Aber zumindest lenkt das von dem Mallorca-Mist ab."
So oder so ähnlich muss das doch laufen?