Auch ein Tatortreiniger

James Bond - Feudeln allein ist nicht genug

Wir alle kennen James Bond. Sein aufregendes Leben, seinen unermüdlichen Einsatz für Königin und Krone.
Doch wo gehobelt wird, da fallen Späne.
Während die Doppel Null Agenten die Welt in Atem halten, sorgen Teams von Aufräumern dafür, dass auch nach den Einsätzen ein Leben möglich ist.

Während sich die Mordkommission der Kriminalpolizei auf ihre Tatortreiniger verlassen kann, benötigen die Weltweit agierenden Geheimagenten ganze Heerscharen von Spezialisten, die hinter ihnen aufräumen.

In den Nachrichten und der Zeitung werden für gewöhnlich die Heldentaten der Geheimdienste herausgestellt. Was mit den Opfern geschieht und welcher Aufwand betrieben wird, um die Schäden zu beseitigen, bekommt niemand mit.

Paul Balthasar, unsere Allzweckwaffe für komplizierte Aufträge ist - und das hat er uns bislang verschwiegen - seit Jahren Experte im dezenten Bereinigen katastrophaler Zustände. Wir konnten ihn zu diesem Thema interviewen.

EMAZ: Herr Balthasar, Sie gehörten jahrelang zu dem Team, das hinter James Bond aufräumte.

Paul Balthasar: Ja, ein Knochenjob. Sehr interessant und vielseitig zwar, aber auch sehr gefährlich und belastend.

EMAZ: Sie haben dabei doch sicher auch Herrn Bond persönlich kennen gelernt?

Paul Balthasar: Naja, kennengelernt ist wohl zu viel gesagt. Wenn wir nach Feierabend noch auf ein Bier gingen, war er meist von den Martinis tagsüber schon so knülle, dass er an der Bar schnarchend zusammengesunken ist.
Wenn er noch zurechnungsfähig war, ging er bald auf sein Zimmer, um noch die Börsenkurse auswendig zu lernen oder ein wenig Smalltalk in Landessprache vor dem Spiegel zu üben.

EMAZ: Dienstlich konnte ihm bekanntlich keine Frau widerstehen. Wie war das nach Feierabend?

Paul Balthasar: Herr Bond hat sich bewusst von Frauen fern gehalten. Auch seine Libido war irgendwann erschöpft.
Ganz ungefährlich ist sein Job ja auch in dieser Angelegenheit nicht. Vor jedem Einsatz Klamydienprophylaxe, einmal die Woche zum Aidstest und wegen Tripper war Herr Bond auch häufiger in Behandlung.

EMAZ: Herr Balthasar, Sie haben jetzt ein Buch geschrieben "James Bond - Feudeln allein ist nicht genug". Darin schildern Sie anekdotenhaft Begebenheiten, bei denen die offiziellen Berichte und Dokumentationen gnädig ausblenden.

Paul Balthasar: Was wir sehen und mit was wir es zu tun haben, das kann man der Öffentlichkeit schwerlich zumuten. Würden wir einen Film über unsere Arbeit drehen, er würde unter den Index fallen. Man kann sich vorstellen, dass die Aufräumarbeiten nach den Entscheidungsschlachten nicht immer angenehm waren. Doch waren die vergleichbar harmlos gegenüber Einzelaktionen, die in den offiziellen Dokumenten lediglich angedeutet wurden. Ich sag nur Beißers Absturz bei der Moonraker Affäre...

EMAZ: Aber in den Nachrichten war zu sehen, dass Beißers Fall von einem Zirkuszelt aufgefangen wurde und er beinahe unbeschadet davon gekommen ist.

Paul Balthasar: Ja, das waren die Nachrichtenbilder. Aber in Wahrheit liegen zwischen Fall und dem Einstürzen des Zirkuszelts, sowie der scheinbaren Unverwüstlichkeit Beißers monatelange Schwerstarbeit eines der renommiertesten Chirurgenteams.
Beim Aufprall auf das Zeltdach hat ein Spannseil Beißers rechten Arm sauber vom Rumpf getrennt. Die umfallenden Zeltstreben haben ihm beide Beine zertrümmert. Als wir ihn aus der Zeltplane befreit hatten, konnte sich niemand vorstellen, dass dieses blutige Fleischbündel sich jemals wieder selbständig würde fortbewegen können. Ich kann Ihnen sagen, das hat nicht gut ausgesehen. Blut, Knochensplitter und dazu die erbärmlichen Schreie vom Beißer, der zusehen musste, wie sich ein Kollege mit den Löwen um den abgerissenen Arm streiten musste...
Wie gesagt, das Chirurgenteam hat wahre Wunder vollbracht. Knapp ein halbes Jahr später war Beißer soweit wieder hergestellt, dass die Szene der anscheinenden Unverwundbarkeit für die Spätnachrichten gedreht werden konnte.

EMAZ: Andere Opfer von 007 verschwinden einfach von der Bildfläche. Man kann nur ahnen, was mit ihnen passiert. Etwa der bedauerliche Mr. Tee Hee. Seiner Armprothese entledigt, wird er von Bond einfach aus dem Zugfenster geworfen. Danach fehlt jede Spur von ihm.

Paul Balthasar: Falls Sie jetzt versuchen, auf unlautere Methoden oder gar ein Britisches Guantanamo anzusprechen, in diesem Fall weit gefehlt. Mr. Tee Hee hat den Sturz aus dem Fenster schlicht nicht überlebt. Der Zug hat ihm beide Beine abgetrennt und der Rumpf ist von einer entgegen kommenden Lok überrollt worden. Ich kann Ihnen sagen, dass war eine Sauerei. Erst den bedauernswerten Tee Hee von den Gleisen kratzen und dann die ganze Lok reinigen. Sie glauben ja gar nicht, wieviel Gedärme in so einem Menschen stecken.