Abt.: Unbekanntes Bayern

Drei Tage Würzburg

Es gibt Leute, die fliegen gerne in entlegene Gegenden. Je weiter, desto besser. CO2 Bilanz? Das ist was für andere. Dabei gibt es auch um die Ecke unbekanntes und erstaunliches.

Und ja, ich war auch schon in Japan. Bevor mir jemand den moralischen Zeigefinger auf's Brot schmiert. Nein, ich bin da auch kein Musterknabe.

Diesmal hat es mich nach Würzburg gezogen. Warum Würzburg? Weil ich da noch nicht war. Noch nicht bewusst. Vor vielen Jahren mal wegen einer gescheiterten Liebe. Da war die Stadt ganz klar an zweiter Stelle.

Bier

Jetzt also Würzburg. Erst beim Losfahren wurde ich gewahr, dass ich mich damit tief ins Weinfranken wagen würde. In ganz Würzburg gibt es - so zumindest laut Fremdenführer - nur mehr eine einzige Brauerei, das Würzburger Hofbräu. Etwas traurig. Versöhnlich hingegen, die brauen wirklich gutes Bier. Gutes Helles. Gutes Kellerbier aka Bürgerbräu Haustrunk. Pils auch.

Die wenigen Empfehlungen für gutes Bier, die ich recherchiert hatte, haben zwischenzeitlich dicht gemacht. Das Haus der 111 Biere hat das Flair einer Sportsbar. Und doch... aber der Reihe nach.

Bummeln

Angekommen am Hauptbahnhof wurde der Entschluss gefasst, bis zum Hotel durch die Stadt zu bummeln.

Beim Bummel durch die Würzburger Altstadt springt schnell ins Auge, dass es unheimlich viele Optiker gibt. Also Brillenläden. Bei Fielmann und Apollo denkt man sich noch nichts. Vielleicht "ach ja, wie bei uns". Einen Laden weiter dann schon "Noch einer. Den gibt's bei uns nicht. Etwas Lokalkolorit. Schön." Spätestens nach dem zehnten ist man etwas alarmiert. Sehen die Würzburger wirklich so schlecht? Ist das ansteckend? Sollte ich mich besser schnell vom Acker machen?

Walfisch

Das Hotel heißt Walfisch. Ha ha, weiß doch jedes Kind, dass der Wal kein Fisch ist. Und der Fisch kein Wal. Ha ha, wie lustig.

Schäufele oder Schäufela

Manchmal, so fragt man sich, warum reihen Menschen Buchstaben aneinander und sprechen dann ganz anders. Da steht dann zum Beispiel Schäufele auf der Speisekarte, spricht man das dann Schäufele, hat man sich flugs als Tourist geoutet. Denn es wird Schäufela gesprochen. Spricht man Schäufela... sann hat man sich als Touri geoutet, der sich anbiedern möchte. Denn der Oberbayer ist nun mal kein Franke. Egal, die fränkische Spezialität ist trotzdem eine Sünde wert.

Noch weit prägnanter, geschrieben wird etwa "Wie bitte" und gesprochen wird "Ha?" oder "?", je nach Region. Aber das nur am Rande.

Träume in Beton

Hitler hatte ja architektonisch mit Deutschland großes vor. Und weil ihm da die vorhandene Bebauung oft im Weg stand, ließ er sie von den Alliierten großflächig entfernen. So auch in Würzburg. Am 16. März 1945 wurde ein Großteil der barocken Altstadt durch einen Luftangriff abgetragen. Der Gröaraz (Größter Architekt aller Zeiten) hat es im Anschluss jedenfalls versäumt, die entstandenen Flächen für Monumentalbauten zu nutzen, so dass die Flächenversiegelung mit Beton den Nachkriegsgenerationen überlassen wurde. Und da reiht sich, wie auch in München Bausünde an Bausünde.

Augustiner

Nachdem sich die Augustiner als Bettelorden ein eigenes Kloster nicht leisten konnten, besetzten die Mönche kurzer Hand das leerstehende Dominikaner Orden. Sie waren sozusagen die Punks unter den Mönchen.
Diese Geschichte lässt sich zwar nicht verifizieren, hört sich aber gut an.

Bimmelbahn

Als Tourist darf man auch Touristendinge tun. Zum Beispiel sich in eine Bimmelbahn setzen und durch die Stadt kutschieren lassen. Das fühlt sich von innen so albern an, wie es von außen aussieht.

Übrigens die Hälfte der Dinge, die einem gezeigt werden sieht man nicht. Weil sie entweder schon vorbei sind, wenn sie vorgestellt werden oder die vorderen Waggons im Wege stehen.

Pipinus

Sieht man sich so manche Statuen und Reliefs in Würzburg an, fällte die allgemeine Pimmelfixiertheit ins Auge. Ich kann jetzt nicht sagen, ob mir das bei mittelalterlichen und sakralen Darstellungen männlicher Schrittgegenden bislang entgangen ist oder ob es sich um eine Würzburger Eigenheit handelt. Jedenfalls springt einem die Pipinuss des Pipinus auf der alten Mainbrücke geradezu an: Schaut her, was ich für eine kleine Nuss zum Pipimachen habe.

Volumimöser hingegen die Darstellungen in der Marienkapelle. Da wird das Gemächt bis zur Größe einer Kokosnuss aufgeblasen. Inklusive detaillierter Darstellung der Schamhaare.

Ein etwas schamhaft behafteter Kapellenbesucher ist offenbar einer weniger schamhaften Zurschaustellung zwischenbeinlicher Monstrosität mit Hammer und Meißel bei gekommen und hat den ehemals mächtig Gemächteten in den Eunuchenstand befördert.

Marienberg

Wenn man sich so eine Burg ansieht, dann stellt sich schon einmal die Frage, ob die damals eigentlich Architekten hatten oder ob einfach drauf los gebaut wurde. So, lasst uns da mal ein Türmchen bauen, und da ein Häuschen. Und ach, vielleicht ein zweites Türmchen und ein Mäuerchen. Vielleicht eine Kapelle und dort, dort wäre ein Wehrgang ganz putzig.

Ganz so war es nicht. Aber fast. An so einer Burg wird über Jahrhunderte herum gebastelt. Angebaut. Umgebaut. Abgerissen und wieder aufgebaut. Kriege hinterlassen Spuren. Oder wenn mal einiges abbrennt - weil jemand mit einer Kerze ins Bett gegangen ist - baut jemand anderes ganz anders wieder auf. Da kommt dann ein wildes Durcheinander unterschiedlicher Epochen zusammen.

Maschikuliturm

Auf die Frage, warum denn der Maschikuliturm Maschikuliturm heiße, kam die folgerichtige Antwort des Guides "Weil dort ganz viele Meschikulis sind. Und nun?". Nach ein rhetorischen Pause fügte er hinzu "Maschikulis sind senkrechte Schießscharten". Vielen Dank.

Weltkulturerbe

Was für das Auge ein Schmaus und die Sinne ein Fest, ist für die Bewahrer des Reinen und der Kultur ein Graus. Und weil sich die Bauherren über Äonen einen feuchten Kehricht um Denkmalschutz und Bauaufsicht geschert haben, hat dieses wunderbare Sammelsurium unterschiedlicher Stile keine Chance auf den Titel eines Weltkulturerbes.

Was hingegen seit 1981 Weltkulturerbe ist, das ist der Residenzplatz. Für die einen Weltkulturerbe, für die anderen der vielleicht schönste Parkplatz Würzburgs. So ganz verstehe ich die Kriterien der UNESCO da nicht.

Brückenschoppen

Beim Brückenschoppen stellt sich die Frage, ob dort nur Touries am Schoppen sind oder auch Einheimische. Bei genauer Betrachtung stellt man schnell fest, tagsüber Schoppen da vor allem Auswärtige. Klar, Würzburger müssen da arbeiten und können sich nicht mal eben einen Andüdeln. Abends scheint es eher gemischt. Da hört man Oberbayern Touridinge besprechen und Franken Einheimischendinge(1).

Ich finde dieses Andüdeln ist eine schöne Einrichtung. Mittags ebenso wie Abends.

Prima Bandnamen und Erdbeerkuchen

Wenn ich eine Bänd hätte, würde ich die "Wurstglas" nennen. Und wenn die Bänd eine Platte heraus brächte, ich würde sie "Bald gibt es wieder Erdbeerkuchen" betiteln. Ja, das würde ich.

(1) Beobachtung von Alex, meiner Frau