Abt.: Lesen und Verstehen
Die Gesänge des Maldoror
So lese ich denn "Die Gesänge des Maldoror". Also ich versuche es. Zumindest noch ein, zwei Seiten.
Was ich vor mir sehe scheint mir bekannt. Die Buchstaben etwa. Es sind die gleichen, die auch in anderer Literatur Verwendung finden. Auch die Wörter, einzeln betrachtet, sind vertraut. Jedoch die Aneinanderreihung zu Satzgefügen...
Es fehlt der Faden, der den Anfang eines Satzes mit seinem Ende verbindet. Es fehlt auch das Glied, dass vorangegangenen Satz mit dem nächsten verbindet.
Wobei sich die Absätze erstaunlich flüssig hintereinander weg lesen lassen. Doch jedes weitere Kapitel entlässt mich in Ratlosigkeit. Was habe ich da gelesen? Und warum?
Als eines der radikalsten Bücher der abendländischen Literatur wird das Werk gepriesen. Und radikal in der Auflösung gelernter Lesegewohnheiten sind die Gesänge allemal.
Der Radikalität wohnt weder Richtung noch Ziel inne. Sie genügt sich darin, vertrautes zu zerstören. Sie hat nichts Schöpferisches. Sie hat nichts Versöhnliches.
Wäre das Buch in den 1950er Jahren in den USA publiziert worden, ich hätte gesagt, da waren Drogen im Spiel.
So lese ich denn "Die Gesänge des Maldoror". Also ich versuche es. Zumindest noch ein, zwei Seiten.