Zwischen dem Schlafen

Der erste Schlaf und der Zweite

Es wird ja oft geschrieben über Schlafstörungen und wie viele Menschen damit zu kämpfen haben. Für mich ist die schlimmste Schlafstörung der Wecker...

Es gibt Menschen die stellen sich ihren Wecker auf sieben. Der Wecker klingelt dann um sieben und sie stehen um sieben auf.

Es gibt Menschen, die stellen sich ihren Wecker auf halb sieben. Und auf viertel vor sieben. Und auf fünf vor sieben und auf sieben. Und um sieben drücken sie die Schlummertaste und um fünf nach sieben noch einmal... und noch einmal. Und sie stehen dann um halb acht auf.

Ich hingegen schlafe einfach aus und wenn ich aufwache, dann ist sieben. Bingo.
Gut, die Zeit zwischen meinem sieben und meinem Arbeitsbeginn ist unterschiedlich lang. Aber ich lasse mir doch von einem Wecker nicht vorschreiben, wann sieben ist. Oder wann ich aufzuwachen habe.

Gerade habe ich erfahren, dass es in früheren Zeiten - also jetzt nicht so gegen halb vier, was schon recht früh ist, sondern mehr so im Mittelalter - einen ersten und einen zweiten Schlaf gegeben hat. Biphasisch(1) genannt. Das hört sich nach etwas an zwischen blasphemisch und bigott. Und ich glaube ja, dass zwischen blasphemisch und bigott ganz viel aufregendes liegt. Sonst würde das eine nicht so verteufelt und das andere... nicht so verteufelt werden.

Nun aber zu mir. In früheren Zeiten - jetzt nicht Mittelalter, sondern die 80er Jahre, von denen Falco ja in höchsten Tönen schwärmte(2) - hatte ich keine Zeit für einen ersten Schlaf. Geh, bitte, in der Jugend zieht man da um die Häuser. Lötet sich die Lampe zu. Bläst sich die Lichter aus. Und wenn man sich ordnungsgemäß die Lichter ausgeblasen hat, dann befindet man sich unweigerlich direkt im zweiten Schlaf. Einem Schlaf, gegen den übrigens auch ein Wecker nicht ankommt.

In späteren Zeiten dann - also zum Beispiel jetzt - schätze ich den ersten Schlaf sehr. Und damit meine ich nicht das Einnicken vor dem Fernseher. Das Einnicken ist vielmehr ein Wink mit dem Zaunpfahl des Unterbewusstseins, dass es jetzt tatsächlich Zeit für den ersten Schlaf ist. Und diesem Ruf sollte man ohne falsche Scham folgen. Tust du das nicht - zack - Schlafstörung. Ich schwör.

Der erste Schlaf ist ganz großartig. Er kommt auf leisen Pfoten, nimmt dich mit hinüber in was auch immer. Und er entlässt dich - je nach Lust und Laune - nach 45 oder 90 Minuten wieder in die Wachheit. Kannst die Uhr danach stellen. Also ich, ich kann das. Dann habe ich irgendwas zwischen 15 Minuten und eineinhalb Stunden Zeit, um Dinge zu tun. Jetzt nicht großartig anspruchsvolle Dinge. Ich würde nie auf die Idee kommen, im Faust zu schmökern. Sport ist auch nicht so drin. Mehr so Dinge wie Zeitung lesen. Ein Sudoku lösen. Dazu einen Kakao oder ein Stück Schokolade. Toilette ist auch drin. Und dann wieder ab ins Bett, dem zweiten Schlaf entgegen.

Der zweite Schlaf ist dann... der zweite Schlaf. Irgendwie unspektakulär. Bisschen zappeln mit den Beinen. Bisschen Augenrollen. Bisschen Schnarchen. Manche gestalten die Zeit etwas aufwändiger und brabbeln oder knirschen mit den Zähnen. Hinwälzen und auch wieder her. Decke weg, Decke wieder her. So Sachen. Am nächsten Morgen darauf angesprochen tun wir verständnislos, weil wir uns an nichts erinnern können.

Ich bin recht zuversichtlich, dass mir diese biphasische Schlaferei später - also in dem Später, von dem die Werbung schwärmt, wenn es um Granufink oder Kürbiskernkapseln geht - zugute kommen wird. Weil da wird sich für mich nicht viel ändern. Erster Schlaf, Toilette, zweiter Schlaf und gut ist.

Und wie schlaft ihr so?

Eigentlich wollte ich diesen Beitrag mit einem schönen Mondfoto illustrieren. Weil sich der Mond aber gerade etwas bedeckt gibt, seht ihr einen Baum mit Misteln. Misteln haben ja - ebenso wie der Schlaf - etwas mystisches. Und stehen unter Naturschutz.

(1) [www.nationalgeographic.de]: Vom Baum ins Bett
(2) Falco: Wer sich an die 80er erinnern kann, hat sie nicht miterlebt.