...mehr als nur eine Unterführung
Am Götterbaum
Paul Heyse - und das wird in diesem Buch nicht ausgespart - ist heutzutage vorwiegend als Namensgeber eine ungeliebten Münchner Unterführung bekannt. Hans Pleschinski wirft in seinem Buch "Am Götterbaum" ein Schlaglicht auf den sonst Unbekannten.
Bei einem abendlichen Spaziergang der drei Protagonistinnen - einer Stadträtin, einer Archivarin und einer Schriftstellerin - werden allerlei Anekdoten, Zitate und Kleinodien von und über Paul Heyse eingestreut.
Ein Dichterfürst sei er gewesen, der Paul. Vergleichbar mit Goethe. So ist die Archivarin zu vernehmen.
Vorwiegend platte Banalitäten hätte er der Nachwelt hinterlassen, so ist die Schriftstellerin zu vernehmen.
Die Stadträtin hingegen träumt von einem Paul-Heyse-Kulturzentrum mit ihrem Namen an der Pforte eingraviert.
Nebenbei lässt sich der Weg der drei vor dem geistigen Auge nachverfolgen. Straßennamen werden genannt, Sehenswürdigkeiten benannt.
Als Leser schwanke ich zwischen, der Heyse interessiert mich, von dem muss ich unbedingt was lesen. Dichterfürst zu Zeiten der 1848er Revolution. Seit an Seit mit Marx sozusagen.
Und was für ein nationalistisch romantischer Seierer. Was zu Heyses Zeit aufgeklärt und revolutionär gewesen sein mag, dient heute reaktionären Geistern als Stichwortgeber:
Heraus ihr Schläger, scharf und blank, nun gilt es wacker sein, und fegt das ganze deutsche Land, von seinen Feinden rein!
Pleschinski bedient sich dabei eines Erzählstils, den man sonst vorwiegend in gymnasialen Schulbüchern - Deutsch und Geschichte - findet. Distanziert und steril. Es mag keine wirklicher Zugang gelingen. Nicht zu den Protagonistinnen, nicht zu Heyse. Die Lektüre bleibt dröge.
Bis Seite 83 habe ich durchgehalten, dann gewann das Gefühl, besseres mit meiner Zeit anfangen zu können, die Oberhand. Paul Heyse wird für mich weiterhin vorwiegend der Namensgeber eine unbeliebten Unterführung in München bleiben.