Abt.: Thermische Probleme

4. Sud - Green Death und das Thermometer

Ein gutes Rezept und gute Vorbereitung, da kann doch eigentlich nichts mehr schief gehen. So dachte ich bei mir. Falsch gedacht. Aber der Reihe nach.

So ein Brautag fängt ja für ein Wochenende schon recht früh an. Um neun geht's los.

Erst mal die Fässer vom letzten Sud in die Kühlung räumen. Das Weißbier mag es schließlich kühl und der Brauer hat es gerne, wenn er Platz im Sudhaus hat.

Wasser einlaufen lassen und auch die Kleinigkeit mit dem Läuterring nicht vergessen. Ist nämlich erst einmal eingemaischt, dann ist das ein rechtes Gefummel.

Malz gewogen, Schrotmühle angeworfen. Der Tag versprach erfolgreich zu werden.

Bei einem Blick auf den mit Wasser gefüllten Kessel und der mit geschrotetem Malz gefüllten Wanne kamen erste Zweifel auf. Das Augenmaß vierer Augen war sich einig, das passt niemals alles in den Kessel. Gut, dass wir noch nicht mit dem Einmaischen begonnen hatten.

Jetzt schnell reagieren. 25 Liter Wasser ablassen und das Rezept in Windeseile von 75 auf 50 Liter umrechnen. Eine Ahnung vom Dreisatz haben hilft. Das Malz, den Hopfen, Speise... wir arbeiten ja noch mit Bleistift und Papier. Nix Excel. Da ist noch richtig Rechnen angesagt. Ok, mit dem Taschenrechner, nicht mit dem Kopf. So viel Faulheit muss sein.

Als dann das Malz im Topf war und das Rührwerk im Freien drehte, hm, so gut war unser Augenmaß dann doch nicht. Noch mal Dreisatz und wieder 10 Liter drauf. Immer noch Platz. Also die restlichen 15 Liter auch dazu. Fein, hätte ich dem Rezept doch trauen können.

Aber jetzt, alles gut. Aufheizen. Erste Rast. Alles gut. Aufheizen. Zweite Rast... weia.

Wenn man ein analoges Thermometer hat, dass 59° anzeigt und ein digitales, dass 64° anzeigt, dann - ganz klar, eins von beiden ist ein Klump - ist das eine Differenz von 5°. Wenn dann nach ein paar Minuten das eine Thermometer 63° anzeigt, das andere 68°, dann kombiniert das schlaue Köpfchen, fünf Grad Unterschied, damit lässt sich arbeiten.

Eine Stunde später weiß das schlaue Köpfchen, dass es gar nicht sooo schlau ist. Denn da zeigt das eine Thermometer 67° und das Köpfchen erwartet, dass das andere Thermometer die Wunschtemperatur von 72° anzeigt. Damit wäre die Rechnung eine gute und aufgegangen. Da hat es sich aber schmerzlich herausgestellt, das die Rechnung zwar richtig wäre, Thermometer aber nicht rechnen können. Das Thermometer zeigte nämlich satte 84° an. Damit lässt sich nicht arbeiten.

In diesem Moment wurde es etwas hektisch. Wobei natürlich Hektik weder angebracht, noch ein guter Berater ist. Weder lassen sich mit Hektik 75 Liter Maische um 12° herunter kühlen, noch eine Jodprobe beeinflussen. Unter diesen Umständen weigerte sich die Jodprobe nämlich das erwünschte Ergebnis anzuzeigen.

Die Brautafel dokumentiert die hektischen Momente ganz gut. Finde ich.

Als sich die Hektik endlich gelegt hat, haben wir das einzige gemacht, was wir machen konnten. Gasbrenner aus, Deckel auf und unter ständigem Rühren warten, bis sich die Maische wieder abgekühlt hat.

Weil das Abkühlen letzlich noch weniger steuerbar ist, wie das Aufheizen, war die Zieltemperatur unerwartet schnell unterschritten. Also Brenner wieder an.

Diesmal wollten wir uns auf das digitale Thermometer verlassen. Das schien uns vertrauenswürdiger... und hat uns im Stich gelassen. Bei 72° haben wir aufgehört zu heizen. Noch mal das Thermometer in die Maische halten, 72°, alles gut jetzt... und plötzlich macht die Anzeige einen Sprung auf 76°.

Wir können also sagen, wir haben die Zieltemperatur mehrfach erreicht. Einmal von unten, dann einmal von oben und noch einmal von unten. Nur halten konnten wir sie nicht.

Eine gefühlte Ewigkeit haben wir rum getan. Und Jod verschwendet. Geheizt. Noch mal eine Hand voll Malz dazu. Gewartet. Gehofft. Weiter Jod verschwendet. Und dann entschieden, wir machen einfach weiter im Programm.

Läutern, Kochen, Hopfengaben. Alles prima. Wirlpool, hm, ist verdammt viel Hopfen drin, das will nicht so recht gewirlt werden. Entscheidung: Wir filtern beim runter Kühlen. Zwar mussten wir das Filtersackerl dauernd sauber machen. Hat ansonsten gut funktioniert... bis dann die Pumpe nicht mehr wollte. Vor dem Hopfenschlamm ist sie in die Knie gegangen. Gut, wir haben unser Bestes getan, um zu retten, was zu retten ist.

Ob der Sud trotzdem was wird? Ich werde berichten.

Und weil das alles so aufregend war und wir uns zwischendrin bei ein paar Gläschen Pale Ale beruhigen und sammeln mussten...

Nach jedem zweiten Bier soll man ein Wasser trinken, sagen die Weisen. Dann geht es einem am nächsten Tag nicht so schlecht, sagen die Weisen. Ich habe jetzt also 6 Wasser. Werde also morgen sehen, ob die Weisen Recht haben.

Ach ja, wenn ihr jetzt wissen wollt, um welches Rezept es sich gehandelt hat, bitte schön:

Und auch weiterführende Literatur möchte ich euch ans Herz legen.

[emaz.de]: Green Death
[hausgebraut.de]: Originalrezept - Sudden Death (Platz 1. - India Pale Ale)